Herbarium

Vor zwei Jahren – das weißt Du gar nicht – hatte ich einen anderen Rappel: In Südende packte mich die Leidenschaft für Pflanzen; ich fing an zu sammeln, zu pressen und zu botanisieren. Vier Monate lang machte ich buchstäblich nichts anderes, als im Feld zu schlendern oder zu Hause zu ordnen und zu bestimmen, was ich von den Streifzügen mitbrachte. Jetzt besitze ich zwölf vollbepackte Pflanzenhefte und orientiere mich sehr gut in der ‚heimischen Flora‘, z.B. im hiesigen Lazaretthof, wo ein paar Sträucher und üppiges Unkraut zur Freude der Hühner und zu meiner gedeihen. So muß ich immer etwas haben, was mich mit Haut und Haar verschlingt, sowenig sich das für eine ernste Person ziemt, von der man – zu ihrem Pech – immer etwas Gescheites erwartet.

Brief an Luise Kautsky, 18. September 1915

Als politischer Mensch ist Rosa Luxemburg eine der bekanntesten Persönlichkeiten des letzten Jahrhunderts. Weniger bekannt ist ihre ursprüngliche Absicht, Botanik, Zoologie und Geologie zu studieren.

In dem 2016 im Karl Dietz Verlag Berlin erschienenen Buch „Rosa Luxemburg: Herbarium“, herausgegeben von Evelin Wittich, finden sich Faksimiles der Herbarien (insgesamt 16 Schulhefte), die Rosa Luxemburg erstellt hat. Das Original des Herbariums befindet sich im Staatlichen Archiv Akt Nowych in Warschau, nachdem es nach dem Tode Luxemburgs in den dreißiger Jahren zunächst in die USA gelangte, dann an eine Universität, die es 1976 der diplomatischen Vertretung der Volksrepublik Polen in New York übergab.

Rosa Luxemburg
Herbarium
Hg. v. Evelin Wittich

Karl Dietz Verlag
Berlin 2016
416 Seiten
39,90 €